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| Erbrecht

Unauffindbarkeit eines Testaments

Nicht selten verwahren Erblasser, die ein handschriftliches Testament errichtet haben, dieses „in den eigenen vier Wänden“. Nach Eintritt des Erbfalls ist das Testament nicht auffindbar. Dabei kommen vielfältige Gründe in Betracht. Das Testament ist bei einem Umzug verloren gegangen, wurde versehentlich mit anderen Unterlagen vernichtet, der Aufbewahrungsort ist nicht mehr zu ermitteln oder es wurde gar von Personen entwendet, die Zugang zur Wohnung des Erblassers hatten und durch das Testament benachteiligt worden wären.

 

Grundsätzlich ist Personen, die ein handschriftliches Testament errichten, dringend anzuraten, das Original beim örtlichen Nachlassgericht in die amtliche Verwahrung zu geben. Der Kostenaufwand ist gering, sorgt aber ein für alle Mal für Klarheit. Das Nachlassgericht registriert das Originaltestament auch von Amtswegen beim Zentralen deutschen Testamentsregister in Berlin. Auch hierfür sind die Kosten gering. 

 

Oftmals haben Erblasser vom Originaltestament eine Kopie gefertigt und sie einem Angehörigen ausgehändigt. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob bei Nichtauffindbarkeit des Originaltestaments allein auf der Grundlage der Fotokopie ein Erbschein beantragt werden kann. Im Erbscheinverfahren hat das Nachlassgericht die Gültigkeit des Testaments von Amts wegen zu prüfen. Die Beweislast für die formwirksame Errichtung eines handschriftlichen Testaments trägt der Antragssteller mit der Folge, dass bei nicht aufzuklärenden Zweifeln an der Gültigkeit des Originaltestamens der Erbscheinserteilungsantrag abgewiesen werden muss.

 

Nach einem Beschluss des OLG Hamburg kann aus einer vorgelegten Testamentskopie allein kein Erbrecht abgeleitet werden. Umgekehrt besteht aber auch keine Vermutung dafür, dass das Originaltestament vom Erblasser selbst vernichtet bzw. unbrauchbar gemacht worden ist und daher als widerrufen gilt (OLG Hamburg, Beschluss vom 03.01.2019, 2 W 45/18).

 

Zum Beweis dafür, dass die Kopie des Testaments dem Original entspricht und der Erblasser seinen Willen zu keinem Zeitpunkt geändert hat, kommen zu Beweiszwecken auch Zeugen in Betracht, die etwa bei der Abfassung und Unterzeichnung des Testaments zugegen waren oder später hiervon konkret Kenntnis erlangt haben. Auch eine spätere schriftliche oder mündliche Äußerung des Erblassers, die sich auf das Testament bezieht und keinen Zweifel daran lässt, dass der Erblasserwille auch nach seinem Ableben Bestand haben sollte, kann als Beweismittel geeignet sein.

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